Auf dem Weg zum zweiten Schlag

Der BRD-Staat wird seiner Aufgabe, den kurdischen Widerstand in der BRD gegen den Völkermord in Kurdistan zu brechen und mit Repressalien zu überziehen, weiterhin gerecht.

Massenabschiebungen sind ein Garant des “inneren Friedens” und Kern imperialistischer Flüchtlingspolitik.

Die zynische, alle paar Wochen wiederkehrende Diskussion um die Aufhebung des Abschiebestopps für KurdInnen, anfänglich aus Rücksicht auf die öffentliche Meinung noch auf sog. “Straftäter” beschränkt, die ihr “Gastrecht” in Deutschland mißbraucht hätten, wurde schnell als eine allgemeingültige, für alle anwendbare Angelegenheit betrachtet. Besonders hervorgetan bei der Durchsetzung dieser Linie haben sich die Minister Kanther (Bund), Beckstein (Bayern, Bunzlauerstr. 23, 90473 Nürnberg), Eggert (Sachsen mitterlerweile abgesetzt) und Heckelmann (Berlin). Abschiebung in Elend, Folter und Tod als drohendes Damoklesschwert für KurdInnen sollen hier die Friedhofsruhe erzwingen, die für die Umsetzung |übergeordneter ökonomischer und hegemonialer Interessen des BRD-Staates nötig ist.

Neben den KurdInnen sind auch andere Flüchtlingsgruppen betroffen: So begann Massenabschiebungen von Kriegsflüchtlingen und Deserteuren aus dem ehemaligen Jugoslawien. Das Deportationsabkommen mit Vietnam, “Rücknahme” der vietmanesischen Staatsangehörigen als Voraussetzung für wirtschaftliche Hilfen, stand vor dem Abschluß.

Abschiebungen größeren Stils müssen organisiert werden. Dafür bedarf es ausreichender Kapazitäten in der Abschiebehaft, denn die wenigsten gehen freiwillig.

In Berlin wir zu diesem Zweck der ehemalige DDR-Frauenknast in Grünau umgebaut. Mit bis zu 400 Haftplätzen werden damit die Kapazitäten der Abschiebehaft in Berlin mehr als verdoppelt. Die Konzentrierung der gesamten Abschiebeprozedur und die günstige verkehrstechnische Anbindung an den Flughafen Schönefeld effektiviert und organisiert fließbandmäßig die Abschiebung und verbilligt den ganzen Ablauf enorm.

Dieser neue Abschiebeknast geriet als zweites Angriffsziel in unseren Blick.

Die Kapazitäten der bisherigen Abschiebehaft in der Krüppstr. und den Gefangenensammelstellen der Polizei in der Gothaer Str. und Beimlerstr. stießen längst an ihre Grenzen. Überbelegung und unhaltbare inhumane Zustände führten des öfteren zu Gefangenenrevolten und zu Protesten humanistischer Gruppen. Diese Proteste beschränkten sich i den meisten Fällen auf das Aufzeigen von Mißständen in der Abschiebehaft, prangerten aber nicht Abschiebehaft und Abschiebungen als solche an. Symptomatisch dafür ist die Forderung eines gewissen Albert Eckert, Fraktion Bündnis 90/ Grüne, der im Oktober 94 meinte, es sollen nur noch AusländerInnen inhaftiert werden, deren Abschiebung unmittelbar bevorstünde.

Als “Zwischenlösung” für das Problem Überbelegung wurde der ehemalige US- Militärknast in der “Mc Nair”-Kaserne in Steglitz mit 30 Abschiebehäftlingen belegt. Laut Pressemeldungen von Ende Juli 94 sollten auch auf dem Polizeistandort Gallwitzallee (Lankwitz) kurzfristig 80 Haftplätze entstehen. Was daraus wurde wissen wir nicht.

Um den öffentlichen Protesten in Zukunft zu begegnen, warb der Innensenat, wie es auch schon bei den High-Tech-Knästen Weiterstadt oder Plötzensee der Fall gewesen ist, mit den vielfältigen Vorzügen des neuen Knastes in Grünau: ausreichend Kapazitäten, Gemeinschaftseinrichtungen, kleine Vollzugseinheiten, Krankenstation, Sportanlagen, DolmetscherInnen und SozialarbeiterInnen, ja sogar für mehr Platz für Hofgänge wurde gesorgt, damit “sich die Abschiebehäftlinge auch mal die Füße vertreten können” (Norbert Schmidt, Pressereferent der Senatsverwaltung für Inneres).

Abzuschiebende Flüchtlinge sollen sich einmal so richtig wohl fühlen in deutschen Abschiebeknästen, bevor Deserteure aus Jugoslawien ihr Leben dem nationalistischen Wahn opfern sollen und KurdInnen in den Folterkellern des türkischen Geheimdienstes MIT verschwinden.

Letztlich stehen diese Maßnahmen aber nur für mehr Kontrolle und das Verhindern von Revolten aus Ausbrüchen, sowie für die Rationalisierung des Abschiebeverfahrens. Zudem wird damit den Protesten gegen unhaltbare Zustände in der Abschiebehaft das Wasser abgegraben.

Es geht nicht um Humanisierung als Ziel. Es geht um die Abschaffung der Abschiebehaft als Schritt auf dem Weg zum generellen Aufenthaltsrecht für alle Flüchtlinge!

Als unseren Beitrag dazu war die Sprengung des Knastes in Grünau geplant. Ein Gelingen der Aktion hätte weit mehr als symbolischen Charakter gehabt. Es hätte einen effektiven Eingriff in die Umsetzung der Abschiebebeschlüsse bedeutet und den Ausbau der Maschinerie zumindest vorübergehend gestoppt.

Zur verhinderten Aktion in Grünau